von Nomi Berger
Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Traurigerweise werden in der Welt der Hundezucht einige Hunde gezüchtet, nur weil sie für schön gehalten werden – von Züchtern und Käufern gleichermaßen. So verhält es sich auch mit dem Doppelmerle.
Merle bezieht sich auf ein Farbmuster, nicht auf eine Farbe an und für sich. Merle-Hunde gibt es in vielen Farben, die häufigste davon ist blue merle, die am häufigsten bei Australian Shepherds vorkommt. Blue Merles sind eigentlich schwarze Hunde, bei denen das Schwarz in unregelmäßigen Flecken durch hellere Grautöne unterbrochen ist. In einigen „Kreisen“ gilt: je heller, desto besser; je weißer, desto hübscher. Dies hat zu einer unverantwortlichen Verpaarung von Merle-Rüden und -Hündinnen geführt, in der Hoffnung, möglichst viele helle Merles hervorzubringen. Das ungewollte Ergebnis: die Doppelmerle.
Ob sie nun Doppelmerle, lethal white oder homozygote Merle genannt werden, diese Hunde werden mit dem MM-Gen geboren und können daher kein Pigment produzieren. Zu den beliebtesten Rassen, die von diesem so genannten MM-Genotyp betroffen sind, gehören Australian Shepherds, Border Collies, Cardigan Welsh Corgis, Catahoula Leopard Dogs, Collies (Rough und Smooth), Dachshunde (sogenannte Dapples), Deutsche Doggen, Old English Sheepdogs und Shetland Sheepdogs.
Die unethische Praxis der Zucht von Doppelmerles wird weltweit allgemein verurteilt, nicht nur, weil so viele von ihnen als defekt gelten und von ihren Züchtern bei der Geburt getötet werden, sondern auch wegen der gesundheitlichen Probleme, die sie plagen, nämlich teilweise oder vollständige Taubheit und Blindheit.
Zahlreiche Mythen sind um Doppelmerles entstanden. Wenn sie taub, blind oder beides sind, gelten sie als aggressiv, unberechenbar, untrainierbar, anfällig für andere Gesundheitsprobleme und haben sogar eine kürzere Lebenserwartung. Studien zufolge trifft jedoch nichts von alledem zu. Double Merles sind trotz ihrer Mängel im Allgemeinen recht gesunde Hunde, die ein langes, ansonsten normales Leben führen können. Und sie sind nicht aggressiver, unberechenbarer oder unausbildungsfähiger als hörende und sehende Hunde.
Um einen weiteren Mythos zu zerstreuen, gibt es Heime, die solche Hunde mit besonderen Bedürfnissen gerne adoptieren, ausbilden und lieben. Experten betonen, wie wichtig es ist, sie nicht als „behindert“ zu betrachten. Sie haben zwar gewisse Einschränkungen, sind sich dessen aber nicht bewusst und können genauso aktiv und anhänglich, verspielt und vergnügt sein wie jeder andere Hund.
Familien, die einen Doppelmerle adoptieren, erhalten zunächst eine eigene Ausbildung, und was sie dabei lernen, geben sie umgehend an ihre Hunde weiter. Taube oder schwerhörige Hunde werden mit Hilfe von Zeichensprache oder Handzeichen ausgebildet. Auch Lichtsignale und Vibrationen können eingesetzt werden. Taube/blinde Doppelgänger werden durch Berührungssignale und Geruchshinweise im ganzen Haus trainiert. Blinde Doppelmerle werden mit Hilfe von Ton- und Geruchssignalen trainiert. Alle scharfen Kanten in Augenhöhe sind entweder in Luftpolsterfolie eingewickelt oder mit Handtüchern gepolstert, um zusätzlichen Schutz zu bieten. Alle Treppen sind mit Babygittern versehen, vor denen entweder eine strukturierte Matte oder ein Duftstoff platziert wird, um den Hund auf die Nähe der Tore aufmerksam zu machen.
Entgegen dem weit verbreiteten Irrglauben können und werden Doppelmerle ein glückliches, ausgeglichenes und produktives Leben führen. Zur Freude ihrer stolzen und liebevollen Besitzer zeichnen sich Doppelmerle in vielen Bereichen und auf zahlreichen Gebieten aus. Sie nehmen oft an Agility-Wettbewerben auf höchstem Niveau teil, gewinnen Bänder bei Zuchtverbandsausstellungen, nehmen an K9-Nasenarbeit teil und werden zu Therapiehunden – um nur einige wenige Beispiele zu nennen.