Itzhak Perlman wurde am 31. August 1945 in Tel Aviv in einer Familie polnischer Herkunft geboren. Seit seinem dritten Lebensjahr fühlte er sich zur Geige hingezogen, doch als er vier Jahre alt war, erkrankte er an Kinderlähmung und verlor den Gebrauch seiner Beine. Trotz seines Handicaps begann er ein Jahr später mit dem Geigenunterricht, und sein erster Lehrer war ein Café-Geiger. Schon bald trat er in die Musikakademie von Tel Aviv ein, wo er acht Jahre lang bei Rivka Goldgart, einer Lehrerin russischer Herkunft, studierte.
Im Alter von zehn Jahren sprach er bei Isaac Stern vor, der ihm riet, seine Studien in den Vereinigten Staaten fortzusetzen. Er gab seine ersten Konzerte in Tel Aviv und wurde 1958 von dem amerikanischen Fernsehmoderator Ed Sullivan entdeckt, der ihn in seine berühmte Show einlud. Die Amerikaner bewunderten den jungen Itzhak, der das Finale von Mendelssohns Konzert und Rimski-Korsakows Hummelflug spielte. Es folgte eine Tournee durch die USA mit „Sullivan’s Caravan of Stars“.
Perlman ließ sich mit seiner Mutter in New York nieder und ging an die Juilliard School, wo er mehrere Jahre lang mit Ivan Galamian und seiner Assistentin Dorothy DeLay arbeitete. Unter ihrem Einfluss gab er seinen „russischen“ Bogengriff zugunsten des von Lucien Capet entwickelten französisch-belgischen Bogengriffs auf. Am 5. März 1963 gab er sein amerikanisches Debüt mit der National Orchestra Association of New York und trat noch im selben Jahr in der Carnegie Hall auf.
Im Jahr 1964 gewann Itzhak Perlman den ersten Preis beim Leventritt-Wettbewerb, der es ihm ermöglichte, mit den größten amerikanischen Orchestern aufzutreten, darunter auch mit dem New York Philharmonic. Von Isaac Stern ermutigt und von dem berühmten amerikanischen Agenten Sol Hurok betreut, begann seine Karriere, und noch im selben Jahr machte er seine erste Schallplatte mit dem Violinkonzert von Tschaikowsky. Im folgenden Jahr unternahm er Tourneen durch die USA und 1966-1967 seine ersten Europatourneen. Er wurde sofort als einer der brillantesten Geiger seiner Generation anerkannt. Er spielte Kammermusik mit den großen Interpreten seiner Zeit, wie dem Pianisten Daniel Barenboim, dem Geiger und Bratschisten Pinchas Zukerman und den Cellisten Jacqueline Du Pré und Lynn Harrell, mit denen ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Außerdem bildete er ein Duo mit dem Pianisten Vladimir Ashkenazy, mit dem er mehr Sonaten ins Repertoire aufnahm als mit jedem anderen Partner.
Dank seines phänomenalen Talents, seiner natürlichen Leichtigkeit und seines strahlenden Klangs, aber auch wegen seines großzügigen Temperaments und seines herzlichen Umgangs mit dem Publikum bleibt er einer der beliebtesten Musiker der Welt. Er tritt häufig im amerikanischen Fernsehen auf, sowohl als Interpret als auch als Kommentator.
Itzhak Perlmans riesiges Repertoire reicht vom Barock bis zur Gegenwart, wobei er eine besondere Vorliebe für die Romantik hat. Aber auch in anderen Musikrichtungen wie Jazz oder Ragtime zeigt er sich von seiner besten Seite, etwa mit seinem Freund André Previn oder mit Oscar Peterson. Wie sein bedeutender Vorgänger Mischa Elman mit Caruso hat er mit dem großen Tenor Placido Domingo Duos mit populären Melodien aufgenommen. Er hat auch eine große Affinität zur Klezmer-Geige der jüdischen Folkloretradition.
Seit 1975 gibt Itzhak Perlman regelmäßig Meisterkurse am Brooklyn College in New York. Außerdem hat er weltweit verschiedene Initiativen für Menschen mit körperlichen Behinderungen organisiert. Er hat zahlreiche ihm gewidmete Werke amerikanischer Komponisten wie Earl Kim (1979) und Robert Starer (1981) uraufgeführt. In den letzten Jahren hat er sich dem Dirigieren von Orchestern gewidmet: Er war Erster Gastdirigent des Detroit Symphony Orchestra und fungierte als musikalischer Berater des Saint Louis Symphony Orchestra. Seine ständig wachsende Diskographie ist eine der umfangreichsten, die je von einem Geiger aufgenommen wurde.
Jean-Michel MOLKHOU (Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Editions Buchet-Chastel).