Rechtsventrikulärer Infarkt

Rechtsventrikulärer Myokardinfarkt

I. Was jeder Arzt wissen muss.

Bei Patienten mit akuter Rechtsherzinsuffizienz oder akut-chronischer Rechtsherzinsuffizienz ist es wichtig, an die Diagnose Rechtsherzinfarkt zu denken. Diese Diagnose sollte auch bei Patienten mit einem Myokardinfarkt, insbesondere bei inferioren Myokardinfarkten, in Betracht gezogen werden.

Klassischerweise weisen Patienten mit einem Rechtsherzinfarkt eine Hypotonie und Anzeichen eines erhöhten Drucks im rechten Herzen auf, nämlich erhöhte Jugularvenenpulsationen. Das Erscheinungsbild kann jedoch je nach Faktoren wie dem Grad der begleitenden linksventrikulären Dysfunktion und dem Volumenstatus des Patienten variieren. Um die Diagnose zu stellen, muss der Arzt rechtsseitige präkordiale elektrokardiographische Ableitungen und kardiale Biomarker anfordern sowie ein Echokardiogramm in Betracht ziehen.

Frühzeitig muss der Arzt die hämodynamischen Auswirkungen eines rechtsventrikulären Infarkts berücksichtigen. Ein gesunder rechter Ventrikel pumpt das gleiche Herzminutenvolumen wie der linke Ventrikel, aber er pumpt gegen den geringen Widerstand des Lungengefäßsystems. Daher hat er weniger Muskelmasse und ist für eine viel geringere Herzarbeit geeignet. Bei einem rechtsventrikulären Infarkt kann der rechte Ventrikel sowohl eine diastolische als auch eine systolische Dysfunktion aufweisen, was zu einer Beeinträchtigung der Füllung und einer verminderten Kontraktilität führt.

Dies führt dazu, dass das Schlagvolumen bei einer reduzierten Auswurffraktion nur durch eine erhöhte Volumen-/Vorlast aufrechterhalten werden kann. Daher kann ein beeinträchtigter rechter Ventrikel eine Vergrößerung des zirkulierenden Plasmavolumens erfordern, um die Vorlast aufrechtzuerhalten, während Therapien, die die Vorlast verringern, wie Nitroglyzerin, schädliche Auswirkungen auf den systemischen Blutdruck haben können.

II. Diagnostische Bestätigung: Sind Sie sicher, dass Ihr Patient einen rechtsventrikulären Infarkt hat?

Die Diagnose eines rechtsventrikulären Infarkts wird durch die körperliche Untersuchung, die Verwendung von kardialen Biomarkern zur Identifizierung eines Myokardinfarkts, elektrokardiographische Befunde und kardiale Bildgebung gestellt.

A. Anamnese Teil I: Mustererkennung:

Die ursprüngliche Beschreibung eines Rechtsherzinfarkts umfasste die Trias aus Hypotonie, freien Lungenfeldern und erhöhtem Jugularvenenpuls. Je nachdem, ob gleichzeitig ein linksventrikulärer Infarkt vorliegt, können die Patienten jedoch auch Anzeichen einer Linksherzinsuffizienz aufweisen. Typisch ist auch die Vorstellung eines Patienten mit Symptomen einer Myokardischämie, der nach Verabreichung von Nitrogylcerin oder Morphin eine ausgeprägte Hypotonie entwickelt.

B. Geschichte Teil 2: Prävalenz:

Abhängig von der Definition und den verwendeten Untersuchungsmethoden ist die gemeldete Inzidenz unterschiedlich. Rechtsventrikuläre Infarkte werden am häufigsten bei inferioren Myokardinfarkten beobachtet und können bis zu 50 % der inferioren Myokardinfarkte komplizieren. Rechtsventrikuläre Infarkte treten nur bei etwa 10 % der anterioren Myokardinfarkte auf. Isolierte rechtsventrikuläre Infarkte sind selten und machen weniger als 3 % aller Myokardinfarkte aus.

Diese Zahlen lassen sich erklären, wenn man die typische Blutversorgung des rechten Ventrikels betrachtet. Die rechte Koronararterie versorgt den größten Teil des rechten Ventrikels, einschließlich der Seitenwand, mit Blut und setzt sich bei den meisten Patienten fort, um auch die hinteren und unteren Aspekte des linken Ventrikels mit Blut zu versorgen. Ein proximaler Verschluss der rechten Koronararterie würde daher den Blutfluss sowohl zum rechten Ventrikel als auch zum linken Ventrikel beeinträchtigen. Ein isolierter rechtsventrikulärer Infarkt würde eine Erkrankung bestimmter Äste der rechten Koronararterie oder eine nicht dominante rechte Koronararterie erfordern.

Die linke Koronararterie und ihre Äste versorgen den rechten Ventrikel in weitaus geringerem Maße mit Blut. Eine dominante linke Zirkumflexarterie kann den rechten Ventrikel mit Blut versorgen, aber ein Verschluss eines solchen Gefäßes würde auch den Blutfluss zum unteren linken Ventrikel beeinträchtigen. Zweige der linken anterioren absteigenden Arterie können auch Teile der rechten Ventrikelvorderwand mit Blut versorgen. Daher können Verschlüsse der linken vorderen absteigenden Arterie und vordere linksventrikuläre Infarkte durch eine Beteiligung des rechten Ventrikels kompliziert sein.

C. Anamnese Teil 3: Konkurrierende Diagnosen, die einen rechtsventrikulären Infarkt vortäuschen können.

Zu den weiteren Diagnosen, die bei Patienten mit akutem Rechtsherzversagen in Betracht gezogen werden müssen, gehören die akute Lungenembolie, die pulmonale Hypertonie, eine Perikarderkrankung wie eine Tamponade oder eine konstriktive Perikarditis, primäre Klappenerkrankungen wie eine Endokarditis der Trikuspidalklappe und Rechtsherzversagen aufgrund einer Linksherzerkrankung.

D. Befunde der körperlichen Untersuchung.

Die Befunde der körperlichen Untersuchung sind ein wichtiger Anhaltspunkt für die Diagnose eines Rechtsherzinfarkts. Zur klassischen Beschreibung eines Patienten mit einem Rechtsherzinfarkt gehören Hypotonie und freie Lungenfelder. Erhöhte Halsvenen können ebenfalls hilfreich sein, und diese Aspekte der körperlichen Untersuchung sollten bewertet werden. Es ist besonders wichtig, eine spezielle Untersuchung der Halsvenen durchzuführen. Der empfindlichste Befund bei der körperlichen Untersuchung für einen Rechtsherzinfarkt ist das Vorhandensein eines erhöhten Jugularvenendrucks.

Bei einer akuten Situation wäre es ungewöhnlich, andere Befunde einer schweren Rechtsherzinsuffizienz wie periphere Ödeme, Aszites oder Lebervergrößerung zu sehen. Ein weiterer empfindlicher Untersuchungsbefund ist das Kussmaul-Zeichen, d. h. eine verstärkte Füllung der Halsvenen während der Inspiration. Dieser Untersuchungsbefund, der häufig mit einer konstriktiven Perikarditis assoziiert ist, ist eine Folge der gestörten Füllung eines steifen, ischämischen rechten Ventrikels. Andere bemerkenswerte Untersuchungsergebnisse, die im Zusammenhang mit einem rechtsventrikulären Infarkt beschrieben wurden, sind rechtsseitige Gallops bei der Herzauskultation, Pulsusparadoxus und das Geräusch einer Trikuspidalregurgitation, wenn eine Papillarmuskeldysfunktion oder eine ausgeprägte Dilatation des rechten Ventrikels vorliegt.

E. Welche diagnostischen Tests sollten durchgeführt werden?

Die aussagekräftigsten diagnostischen Tests zur Beurteilung eines Rechtsherzinfarkts sind ein Elektrokardiogramm (mit den üblichen 12 Ableitungen und rechtsseitigen präkordialen Ableitungen), kardiale Biomarker und ein transthorakales Echokardiogramm. Andere bildgebende Untersuchungen, wie die kardiale Magnetresonanztomographie, können Hinweise auf die Diagnose liefern, sind aber in der Routineversorgung nicht erforderlich. Ein weiterer diagnostischer Test verdient besondere Erwähnung: invasive hämodynamische Messungen mit einem Pulmonalarterienkatheter. Die typischen hämodynamischen Muster von rechtsventrikulären Infarkten sind gut beschrieben, würden aber den Rahmen dieses Kapitels sprengen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass diese Messungen für die Erstdiagnose eines rechtsventrikulären Infarkts nur selten erforderlich sind, aber bei ausgewählten Patienten für die Therapieführung hilfreich sein können.

Angesichts der Bedeutung des Elektrokardiogramms für die Diagnose eines rechtsventrikulären Infarkts verdient dieser diagnostische Test besondere Beachtung. In den aktuellen ACC/AHA-Leitlinien für Patienten mit ST-Hebungsinfarkt (STEMI) wird empfohlen, bei allen Patienten mit inferiorem STEMI rechtsseitige Elektrokardiogramm-Ableitungen anzulegen (Klasse I-Empfehlung, Evidenzgrad B). Die Ableitung von Elektrokardiogrammen auf der rechten Präkordialseite bedeutet, dass 4 zusätzliche Ableitungen auf der rechten Brustseite platziert werden, ähnlich wie V3-V6 im Standard-12-Kanal-Elektrokardiogramm. V2 wird zu V1R, V1 wird zu V2R, und die Ableitung gegenüber von V3 wird zu V3R usw.

Der empfindlichste elektrokardiographische Befund bei einem rechtsventrikulären Infarkt ist die ST-Strecken-Hebung in Ableitung V4R. Es ist jedoch wichtig, daran zu denken, dass elektrokardiographische Veränderungen vorübergehend sein können und nicht alle Patienten mit einem rechtsventrikulären Infarkt ST-Segmenterhöhungen in den rechtsseitigen präkordialen Ableitungen haben werden. Wenn der klinische Verdacht auf einen rechtsventrikulären Infarkt hoch ist und die rechtsseitigen präkordialen Ableitungen keine ST-Strecken-Hebungen zeigen, sollte ein transthorakales Echokardiogramm durchgeführt werden.

Welche Laboruntersuchungen (falls vorhanden) sollten zur Sicherung der Diagnose angeordnet werden? Wie sind die Ergebnisse zu interpretieren?

Wie im Kapitel über den akuten Myokardinfarkt erläutert, werden kardiale Biomarker zur Identifizierung und Quantifizierung des Infarkts eingesetzt.

Welche bildgebenden Untersuchungen sollten gegebenenfalls zur Diagnosestellung angeordnet werden? Wie sollten die Ergebnisse interpretiert werden?

Ein Echokardiogramm kann helfen, zwischen einem Rechtsherzinfarkt und anderen Ursachen für eine Hypotonie mit Anzeichen eines erhöhten Füllungsdrucks des rechten Herzens, nämlich einer Herzbeuteltamponade, zu unterscheiden.

F. Überbeanspruchte oder „verschwendete“ diagnostische Tests im Zusammenhang mit dieser Diagnose.

N/A

III. Standardmanagement.

Das Management eines rechtsventrikulären Infarkts umfasst die übliche Behandlung eines akuten Koronarsyndroms einschließlich Thrombozytenaggregationshemmern, Antikoagulation, Statintherapie und Erwägung einer Revaskularisierung. Zum Management eines Rechtsherzinfarkts gehört jedoch auch die Vorwegnahme von Komplikationen, nämlich Hypotonie, bradykarde Arrhythmien und andere Vorhofarrhythmien.

A. Sofortige Behandlung.

Hypotonie ist ein häufiges Problem bei Patienten mit einem rechtsventrikulären Infarkt und sollte antizipiert werden. Medikamente, die die Vorlast verringern können, sollten vermieden oder nur mit großer Vorsicht verabreicht werden. Zu diesen Medikamenten gehören Diuretika, Nitrate, Opioide, ACE-Hemmer und Betablocker. Liegt eine Hypotonie vor, sollte ein Versuch mit 250-500 ml intravenöser Flüssigkeit durchgeführt und der Patient auf Blutdruckveränderungen überwacht werden.

Auch wenn Patienten mit einem Rechtsherzinfarkt auf die Vorlast angewiesen sind, ist die Verabreichung von zusätzlichem Kreislaufvolumen nicht immer von Vorteil. So kann ein erweiterter rechter Ventrikel eine Vorwölbung der Herzscheidewand in den linken Ventrikel und/oder einen erhöhten intraperikardialen Druck verursachen, was beides die linksventrikuläre Herzleistung beeinträchtigen kann. Liegt außerdem eine linksventrikuläre Dysfunktion vor, kann die Verabreichung von Flüssigkeit zu einem Lungenödem führen.

Wenn die rechtsventrikuläre Vorlast optimiert wird und der Patient immer noch eine Hypotonie aufweist, sind weitergehende Maßnahmen erforderlich. Dazu gehören: die Behandlung von Arrhythmien (siehe unten), die Behandlung einer gleichzeitigen linksventrikulären Dysfunktion, inotrope Unterstützung mit Wirkstoffen wie Dobutamin und mechanische Unterstützung mit Geräten wie intraaortalen Ballonpumpen oder ventrikulären Hilfsgeräten.

Eine weitere Gruppe von Komplikationen, mit denen gerechnet werden sollte, sind Arrhythmien, insbesondere atrioventrikuläre Blockaden und Vorhofflimmern. Die rechte Koronararterie versorgt nicht nur den rechten Ventrikel mit Blut, sondern bei den meisten Patienten auch den AV-Knoten, und eine Ischämie des AV-Knotens und ein hochgradiger atrioventrikulärer Block sind bei Patienten mit einem rechtsventrikulären Infarkt häufig. Die Patienten sollten auf Bradykardie überwacht werden und benötigen möglicherweise eine vorübergehende Stimulation, um eine angemessene Herzfrequenz aufrechtzuerhalten.

Außerdem kann der beeinträchtigte rechte Ventrikel von der Vorhoffunktion abhängig sein, um die Vorlast aufrechtzuerhalten. Funktionsstörungen des Sinusknotens, ein kompletter atrioventrikulärer Block und Vorhofarrhythmien wie Vorhofflimmern können die atrioventrikuläre Synchronie stören und tiefgreifende Auswirkungen auf die Hämodynamik haben. Eine Zweikammer-Schrittmachertherapie oder die Wiederherstellung des Sinusrhythmus kann notwendig sein, um die Herzleistung aufrechtzuerhalten.

A. Überlegungen zur Entlassung während des Krankenhausaufenthalts.

In den Notfallplänen für Patienten mit einem rechtsventrikulären Infarkt sollte erörtert werden, wie mit Hypotonie und Arrhythmien umzugehen ist, und es sollte darauf hingewiesen werden, welche Medikamente zu vermeiden sind.

F. Prognose und Patientenberatung.

Auch ohne Revaskularisation kann der rechte Ventrikel in den Monaten nach einem Infarkt oft eine gute systolische Funktion wiedererlangen. Wenn keine schwere linksventrikuläre Dysfunktion vorliegt, haben die meisten Patienten mit einem rechtsventrikulären Infarkt eine günstige Langzeitprognose, obwohl einige Studien darauf hindeuten, dass der rechtsventrikuläre Infarkt ein unabhängiger Risikofaktor für eine erhöhte Langzeitmortalität ist. Es ist jedoch klar, dass bei Patienten mit einem inferioren Myokardinfarkt die Beteiligung des rechten Ventrikels eine schlechtere Kurzzeitprognose mit erhöhter Sterblichkeit im Krankenhaus aufgrund der oben beschriebenen Komplikationen bedeutet.

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