Idiom

I. Was ist ein Idiom?

Ein Idiom ist eine Redewendung, die eine andere Bedeutung als die der verwendeten Wörter vermittelt. Zum Beispiel ist „den Löffel abgeben“ ein Idiom für „Tod“. In diesem Sinne ist ein Idiom so gut wie gleichbedeutend mit einer Redewendung, wenn auch mit einer etwas engeren Definition: Ein Idiom ist Teil der Sprache, während eine Redewendung von einem einzelnen Autor erfunden werden kann. In einigen Fällen kann ein Autor eine Redewendung jedoch schon vor so langer Zeit erfunden haben, dass sie zu einem Idiom geworden ist und sich niemand mehr daran erinnert, woher sie stammt – dies ist der Fall bei vielen Zeilen von Shakespeare, die einst Redewendungen waren, aber zu Idiomen geworden sind.

II. Beispiele für Idiome

Beispiel 1

Im Englischen ist eine der gebräuchlichsten Redewendungen „pulling someone’s leg“ (jemanden auf den Arm nehmen) oder „tricking someone for fun“. Normalerweise bezieht sich das auf etwas Harmloses – man macht nur einen Scherz und versucht nicht, die Person tatsächlich zu täuschen oder in die Irre zu führen. Die Redewendung hat jedoch ihren Ursprung in der ziemlich gewalttätigen Praxis, Menschen an den Beinen zu ziehen, so dass sie auf das Pflaster fallen, was im 19. Jahrhundert bei britischen Jugendlichen sehr beliebt war.

Beispiel 2

In allen Sprachen gibt es Redewendungen für den Tod, und sie reichen von düster (z. B. „gestorben“) bis zu unhöflich, humorvoll oder leichtfertig (z. B. „abgekratzt“, „verreckt“ oder „ins Gras gebissen“). Im Dänischen könnte man zum Beispiel sagen, dass der Verstorbene tog traesko oder „die Clogs ausgezogen hat“, während im Urdu die Redewendung haathi nikal gaya dum phans gaya („der Elefant entkam, aber sein Schwanz blieb stecken“) lautet.

III. Die Bedeutung des Idioms

Idiome können für viele Zwecke verwendet werden. Wie alle metaphorischen Ausdrücke geben sie dem Text Würze und Charakter und lassen ihn weniger flach erscheinen. Außerdem können sie als Euphemismen dienen, die es dem Autor ermöglichen, unbequeme Themen indirekt anzusprechen. In allen Sprachen gibt es Redewendungen für den Tod, wie wir in Abschnitt II gesehen haben. Es gibt auch idiomatische Euphemismen für verschiedene Krankheiten, über die man nicht direkt sprechen möchte. Wie alle Euphemismen sollen diese Ausdrücke die Diskussion erleichtern, indem sie einen härteren Begriff durch einen sanfteren (oder manchmal auch humorvolleren) ersetzen.

Schließlich zeigen Idiome den kulturellen Ursprung des Geschriebenen: Wenn Sie ein dänischer Autor sind, könnten Sie zum Beispiel das dänische Idiom tog traesko verwenden, das wir in Abschnitt II gesehen haben. Für einen Leser, der mit der dänischen Kultur vertraut ist, wäre dies ein guter Hinweis auf die kulturelle Herkunft des Werks. Für andere Leser, die mit der dänischen Kultur weniger vertraut sind, müssten Sie jedoch einige Erläuterungen einfügen.

Das Gleiche gilt für den Slang, der sich auf die verschiedenen „Insider“-Redewendungen junger Leute bezieht. Ein Slangbegriff ist einfach eine Redewendung, mit der die Leute zeigen, dass sie cool, hip und mit der Populärkultur (oder einer bestimmten Subkultur wie der Punk- oder Surfkultur) in Kontakt sind.

IV. Beispiele für Idiome in der Literatur

Beispiel 1

„Achillesferse“ ist eine gebräuchliche Redewendung für die eine Schwäche in einer Sache, die ansonsten extrem stark ist. Diese Redewendung hat ihren Ursprung in Homers Ilias, in der Achilles einer der Helden ist. Achilles hat nur eine einzige Schwachstelle, seine Ferse, und das macht ihn im Kampf extrem stark. In der Schlacht von Troja hat er jedoch das Pech, von einem vergifteten Pfeil getroffen zu werden – direkt in die Ferse.

Beispiel 2

Viele englische Redewendungen stammen direkt aus den Seiten von Shakespeare. Aber sie werden als Redewendungen verwendet, weil fast niemand weiß, woher sie kommen – sie sind einfach ein Teil der Sprache geworden! Beispiele hierfür sind: „send him packing“ (Henry IV), „lie low“ (Much Ado About Nothing), und „one fell swoop“ (Macbeth).

V. Beispiele für Idiome in der Popkultur

Beispiel 1

Bring it…

Oh, I already brought it! Ich habe es mitgebracht, auf den Tisch gelegt und geöffnet!

Dieser Satz aus South Park ist ein klassisches Beispiel für das, was wir als „Erweiterung“ der Redewendung bezeichnet haben. „Bring it“ ist eine im Englischen weit verbreitete Redewendung, für die es eigentlich keine wörtliche Übersetzung gibt, die aber im Grunde genommen eine Art ist, jemanden zu verspotten und herauszufordern. In dieser South Park-Folge antwortet Cartman auf die Herausforderung, indem er die Redewendung so weit ausdehnt, dass sie absurd klingt.

Beispiel 2

Der Song Night Owl wurde ursprünglich von James Taylor geschrieben, wurde aber von vielen anderen Künstlern aufgenommen, darunter Little Big Town und Carly Simon. Natürlich ist „Nachteule“ eine Redewendung für jemanden, der gerne lange aufbleibt (es handelt sich nicht um eine wörtliche Eule). Die meisten Menschen wissen jedoch nicht, dass die Redewendung „Nachteule“ eigentlich von Shakespeare stammt – es ist eine Zeile aus seinem Richard II.

VI. Verwandte Begriffe

Metapher

Alle Redewendungen (nach unserer heutigen Definition) verwenden bis zu einem gewissen Grad Metaphern. Das heißt, sie verwenden Wörter nicht wörtlich, um ihre Aussage zu verdeutlichen. „Schmetterlinge im Bauch“ ist eine gängige englische Redewendung für Nervosität oder Ängstlichkeit. Aber natürlich bezieht sie sich nicht auf Schmetterlinge im wörtlichen Sinne – sie ist nur eine Metapher für das Gefühl von Nervosität.

Simile/Analogie

Ein Simile ist wie eine Metapher, aber es macht den Vergleich explizit und nicht implizit. Das heißt, es verwendet vergleichende Begriffe, z.B. „wie“ oder „als“. Idiome verwenden Metaphern, nicht Simile oder Analogien.

Beispiel 1

Metapher: „Meine Liebe ist ein Lagerfeuer“

Simile: „Meine Liebe ist wie ein Lagerfeuer“

Beispiel 2

Metapher: „Es ist der Osten, und Julia ist die Sonne!“

Simile: „Es ist Osten, und Julia strahlt wie die Sonne!“

Similes (auch Analogien genannt) eignen sich sehr gut für formale Aufsätze, insbesondere um abstrakte Ideen zu konkretisieren. Ein Gleichnis ermöglicht es dem Autor, seine Ideen zu verdeutlichen, ohne das Risiko einzugehen, das mit der Verwendung einer Redewendung verbunden ist.

Beispiel mit Gleichnis: „Die Magnetosphäre funktioniert wie ein großes getöntes Fenster, das die Erde vor den schädlichen Strahlen der Sonne schützt, aber dennoch etwas Licht und Wärme durchlässt.“

Euphemismus

Ein Euphemismus ist ein indirekter Ausdruck, der sich auf etwas Unangenehmes oder gesellschaftlich Tabuisiertes bezieht. Euphemismen werden normalerweise verwendet, um Themen wie Tod, Körperfunktionen und Krankheiten zu besprechen. In den meisten Fällen ist der Euphemismus auch eine Redewendung, die als idiomatischer Euphemismus bezeichnet werden kann. Ein Euphemismus kann aber auch ein origineller Ausdruck des Autors sein und ist dann kein Idiom.

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